158 Archive • Abenteuer Philosophie Magazin https://www.abenteuer-philosophie.com/tag/158/ Magazin für praktische Philosophie Sat, 12 Dec 2020 08:03:24 +0000 de-DE hourly 1 Nr. 158 (4/2019) https://www.abenteuer-philosophie.com/nr-158-4-2019-link/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=nr-158-4-2019-link https://www.abenteuer-philosophie.com/nr-158-4-2019-link/#respond Tue, 24 Sep 2019 10:17:13 +0000 https://www.abenteuer-philosophie.com/?p=2361 Magazin Abenteuer Philosophie

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Aus dem Inhalt

philoSPIRIT

Barbara Fripertinger 
Das Vermögen des Mahatma Gandhi
Mit dem er sich seinen Weltruhm erwarb – Anlässlich seines 150. Geburtstages
Manfred Schwarzbraun
Vom Augenblick der kleinen Steine
Denn ohne die kleinen Steine liegen die großen nicht fest
Jana Malin
Die Kunst der Leichtigkeit
Wenn Wölfe frei leben dürfen

philoSOCIETY

Hannes Weinelt 
Berufung – Brauchen wir das?
Macht es Sinn, ein Leben lange einer Berufung nachzulaufen?
Ronald H. Tuschl
„Ibizagate“
Wie die „Vierte Gewalt“ eine Regierung zu Fall brachte
Interview
Und was machst du so?
Ali Mahlodji erzählt, wie er Menschen zu Glück und Selbstwert führt – jenseits von Wettbewerb und Vergleich
 

philoSCIENCE

Katharina Lücke 
Arbeit besiegt alles
Oder wie wir uns unser (Arbeits-)Glück schmieden
Bernhard Cordt
Im Dunkeln ist gut munkeln
Über die geheimen Machenschaften unserer Darmbakterien
Welttag der Philosophie 

philoART

Interview
Die Reise nach innen
Der Grazer Künstler Daniel Mautner erzählt über Transformation, Kunst und Hingabe
Sabina Jarosch
Der Löwenmensch
Oder sind wir alle Afrikaner?
Sabina Jarosch
Der Löwengott
Oder der Sieg über das Böse

philoSOPHICS

Gudrun Gutdeutsch
Lebenskunst
Bleib sauber!
Renate Knoblauch
Gesundsein 
Warum wir einfach leben, aber gut essen sollten
Martinissmo
Philosophisch reisen

Wenn die Braut im Garten Rosen pflückt. Hochzeit auf Persisch.
Dennis Hartke
Philosophisch reisen
Kalt ist das neue Warm. Fußabdrücke auf
Spitzbergen
Astrid Ringe
Symbolisches
Fackel und Fackelträger
Manuel Stelzl
Zwischen Verbannung und politischer Macht
Lucius Annaeus Seneca
Ingrid Kammerer
Philostory
Zündholz und Kerze
Philostory
Ingrid Kammerer
Was wir vom Wasser lernen können

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Berufung – Brauchen wir das? https://www.abenteuer-philosophie.com/berufung-brauchen-wir-das/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=berufung-brauchen-wir-das https://www.abenteuer-philosophie.com/berufung-brauchen-wir-das/#respond Tue, 24 Sep 2019 10:16:43 +0000 https://www.abenteuer-philosophie.com/?p=2373 Magazin Abenteuer Philosophie

Macht es Sinn, ein Leben lang einer Berufung nachzulaufen, die es vielleicht gar nicht gibt? Andererseits, ohne diese Berufung verkommt jeder Beruf zum bloßen „Ich arbeite, um zu leben“. Und das Verkommene macht uns krank – zumindest seelisch. Endstation Burn-out! Also wage ich zu behaupten, dass es doch etwas gibt, zu dem wir alle berufen sind.

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acht es Sinn, ein Leben lang einer Berufung nachzulaufen, die es vielleicht gar nicht gibt? Andererseits, ohne diese Berufung verkommt jeder Beruf zum bloßen „Ich arbeite, um zu leben“. Und das Verkommene macht uns krank – zumindest seelisch. Endstation Burn-out! Also wage ich zu behaupten, dass es doch etwas gibt, zu dem wir alle berufen sind.

„Den Beruf zur Berufung machen!“ Klingt ebenso schön wie abgedroschen. Es klingt wie „Schlank in nur zehn Tagen!“ und damit wie alle Heilsversprechen: Wir wollen es glauben und wissen gleichzeitig, dass es nicht funktioniert. Oder zumindest nicht so einfach funktioniert. Dazu braucht man sich nur die gängigen Antworten auf die zentrale Frage anzuschauen:

Berufung – Was ist das überhaupt?

Drei Hauptkriterien werden hier meist genannt: Erstens muss es eine möglichst große Übereinstimmung von den Interessen und Fähigkeiten des Berufenen mit den Aufgaben und Anforderungen seiner Arbeit geben. Zweitens muss der Arbeit eine besondere Bedeutung bzw. ein höherer Sinn beigemessen werden. Und drittens muss der Berufene in irgendeiner Form an das Wirken einer höheren Macht, einer Gottheit oder eines Schicksals, glauben. Genau von so einer Macht fühlt oder weiß er sich eben berufen, was solchen Menschen einen oft übermenschlichen Willen und eine unbändige Kraft verleiht, ihre Mission zu verfolgen und umzusetzen.

Diese Kriterien mögen auf so manchen Forscher, Erfinder, Entdecker, Politiker, Künstler oder Prediger zutreffen. Dass eine Reinigungskraft sich je auf den höheren Sinn ihrer Aufgabe und ihre schicksalhafte Mission berufen hätte, wäre mir nicht bekannt. Da nützt es auch nicht, wenn sie sich auf ihrer Visitenkarte als Facility-Manager bezeichnet. Auch von einem zum Facility-Manager-Berufenen habe ich noch nie gehört. Dabei soll es ja laut den derzeitigen Life Coaches und Therapeuten, wozu sich offensichtlich auch immer mehr berufen fühlen, ganz einfach sein, seine persönliche Berufung zu finden. Zunächst gilt es, sein persönliches Mission-Statement zu formulieren, ganz einfach, wie zum Beispiel: „Ich möchte Gewaltlosigkeit leben und dadurch den Weltfrieden fördern.“ Hier würde sich also schon der Weg zur Berufung öffnen. Dann gilt es, ganz einfach, die Ziele und Zwischenschritte zu definieren und schließlich gilt es nur noch, diese Ziele und Zwischenschritte umzusetzen. Ah ja, und es gilt, sich nicht von Angst, Fehlern und Rückschlägen entmutigen zu lassen. Und schon ist der zum globalisierten Mahatma-Gandhi-Berufene geboren.

Sarkasmus ist normal nicht meine Art. Dass ich angesichts solcher Betriebsanleitungen à la „In drei Schritten zur Berufung“ nun dazu regelrecht aufgerufen worden bin, möge man mir verzeihen. Ich glaube eben nicht daran, dass es einfacher ist, seine Berufung zu finden und zu leben, als ein Nachtkästchen von Ikea zusammenzubauen. Liest man sich die drei Hauptkriterien, was Berufung ausmacht, nochmals in Ruhe durch, kommt man schnell zum Schluss: Wirklich Berufene gibt es wenige. Die „Mozarts“ und „Einsteins“ sind die Ausnahmen. Hier verschmelzen persönliche Genialität und historischer Moment. Sie können gar nicht anders, als diesem Ruf zu folgen. In solchen Giganten scheint sich tatsächlich das Wirken einer höheren Macht zu offenbaren.

Wie aber sollen nun wir Durchschnittsmenschen mit unserer „Berufung zum Durchschnitt“ fertig werden? Wortwörtlich lese ich in so manchem Blog vornehmlich junger Menschen: Ich suche erst gar nicht nach meiner Berufung, sondern gehe dem Impuls und der Leidenschaft nach, was mich im Moment interessiert und glücklich macht. Dem liegen der Glaubenssatz bzw. die Desillusionierung zugrunde, dass es die eine Berufung oder den einen Partner im Leben gar nicht gibt. Wenn also die Emotionen abkühlen oder die Leidenschaft gerade in eine andere Richtung lenkt, dann folge ihr. Diesem Ansatz wohnt die Gefahr der Oberflächlichkeit inne. Bevor ich mich in einem Beruf oder einer Beziehung vertiefe, hat mich der spontane Impuls längst an einen anderen Interessenschauplatz gezerrt. Diese Menschen fühlen sich nie angekommen. Sie sind ewig unzufrieden und rastlos, gewissermaßen Lebens-Heimatlose, wenn nicht sogar -Obdachlose. Ein spannender und tröstender Ausweg aus den beiden Extremen „Ich muss unbedingt meine Berufung finden“ und „Berufung gibt es gar nicht“ zeigt sich im japanischen Ikigai-Prinzip.

Unsere Prioritäten?

Wofür es sich zu leben lohnt

Genau das heißt Ikigai. Es setzt sich aus iki = Leben und gai = Wert zusammen, der Wert unseres Lebens oder „Wofür es sich zu leben lohnt“. Alte Japaner bringen es noch einfacher auf den Punkt: Das, wofür es sich morgens lohnt, aufzustehen. Das Ikigai-Modell ist eine Schnittmenge von vier wichtigen Lebensbereichen, die hier etwas vereinfacht dargestellt auf das Thema Beruf-Berufung zugeschnitten sind: Die persönlichen Interessen – Was liebe ich? Die persönlichen Fähigkeiten – Was kann ich gut? Der Sinn von Tätigkeiten – Was braucht die Welt? Und die Situation am Arbeitsmarkt – Wofür werde ich bezahlt? Je mehr diese vier Bereiche einander überlappen, umso besser. Ikigai ist also eine Art Schnittmenge von Erfüllung und Zufriedenheit. Sie lieben etwas, was Sie gut können, was Sinn macht und wofür Sie auch noch bezahlt werden.

© https://pioneersofchange.org/ikigai/

 

Begegnet man dem Konzept von Ikigai passiv, wird man damit nicht weiterkommen. Viele stellen sich die Fragen: „Was liebe ich denn überhaupt? Heute das, morgen etwas anderes! Und was kann ich wirklich gut? Es gibt doch überall Bessere! Und was macht denn überhaupt noch Sinn?“ Ikigai ist jedoch ein aktives Konzept: Denn lieben ist ein Verb, nicht nur ein Gefühl. Indem ich liebe, entsteht auch das Gefühl dazu. Indem wir uns für etwas interessieren, uns damit beschäftigen, es begreifen wollen und uns damit vertraut machen, lernen wir es lieben. Auch das Können liegt viel mehr an uns als wir glauben: Übung macht den Meister. Und schließlich der Sinn ergibt sich auch nicht bei jeder Tätigkeit automatisch. Wir aber haben die Fähigkeit, den Dingen Sinn zu verleihen. Eines der Extrembeispiele für Ikigai ist Viktor Frankl. Als er 1942 ins KZ deportiert wurde, hatte er alles verloren: seine Familie, seinen Beruf, sein Hab und Gut, sogar seinen Namen. Nahe der Selbstaufgabe erkannte er, dass er sich die falsche Frage gestellt hat:

Nicht, was habe ich noch vom Leben zu erwarten, ist die Frage. Sondern, was erwartet das Leben von mir?

Dies ist der Quantensprung vom passiven Erleiden des Lebens mit seinen Umständen zum aktiven Gestalten. Viktor Frankl lernte nicht das KZ lieben, jedoch seine Mitgefangenen. Er entwickelte ein tiefes Mitgefühl, das ihm übermenschliche Kräfte verlieh. Er nutzte sein berufliches Können als Psychologe, nährte Hoffnung inmitten von Hoffnungslosigkeit, war Licht in der Dunkelheit. Er hatte wieder einen Sinn gefunden. Und die Dankbarkeit seiner Mitgefangenen war ihm Bezahlung genug. Viktor Frankl hatte selbst dem nackten Grauen Ikigai abgerungen, dieses „Wofür es sich zu leben lohnt“! In seinen Worten: „Trotzdem Ja zum Leben sagen!“

Vom Was zum Wie

Das Konzept von Ikigai macht uns unabhängiger vom „Was wir tun“. Zugegeben: Wir sind nicht Viktor Frankl. Aber wir stecken ja auch in keinem KZ. Wir haben möglicherweise eine Arbeit, die wir wenig lieben, die unserem Können nicht entspricht, die uns sinnlos erscheint. Aber wir machen sie, weil sie uns das Geld zum Leben einbringt. Muss das so bleiben? Wenn wir Ikigai anwenden, dann werden wir alles daransetzen, unsere Arbeit lieben zu lernen. Selbst wenn sie uns technisch nicht fordert, kann sie uns in puncto Geduld, Ausdauer, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Gelassenheit und vielen anderen wertvollen Charaktereigenschaften fordern. Und es liegt auch an uns, unserer Arbeit einen Sinn zu verleihen. Zum Beispiel in einem Steinbruch Steine zu klopfen, kann bald zu einer stumpfsinnigen und freudlosen Arbeit werden. Als man in der Zeit der Kathedralenbauer einen Steinmetz fragte, was er denn da mache, antwortete er mürrisch: „Das siehst du doch, ich behaue Steine.“ Ein anderer jedoch antwortete auf dieselbe Frage mit einem begeisterten Funkeln in den Augen: „Ich baue eine Kathedrale!“

„Ich behaue einen Stein …“ (© Viktor Pravdica | Dreamstime.com)

 

Das Wie wir die Arbeit tun, ist für uns „Zum-Durchschnitt-Berufene“ wichtiger als das Was. „Derjenige, der mit Tinte schreibt, ist nicht mit demjenigen zu vergleichen, der mit Herzblut schreibt“, kleidete es Khalil Gibran in ein Dichterwort. Von ihm stammt ja auch das berühmte Zitat: „Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe.“ Und er erzählt auch gleich, was mit Liebe arbeiten heißt: ein Haus so zu bauen, als werde die Geliebte darin wohnen. Den Samen so zu säen und die Früchte so zu ernten, als wären sie für unseren Geliebten bestimmt. Also jede Arbeit so zu tun, als würden wir sie für den von uns geliebten Menschen tun.

Der große Aufklärer John Locke bezeichnete die Arbeit um der Arbeit willen als wider die menschliche Natur. Nach den Erkenntnissen der modernen Psychologie, wonach die reine Lohnarbeit letztlich die innere Motivation des Menschen zerstört, können wir hinzufügen: Auch die Arbeit nur um des Lohnes willen ist wider die menschliche Natur. Selbst wenn wir keine Berufenen sind, so liegt die Berufung jedes Menschen darin, jeder Art von Arbeit etwas von unserem menschlichen Geist einzuhauchen: Liebe, Sinn und die Veredelung unseres Charakters. Es lohnt sich also, morgens wieder aufzustehen!

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Zunächst war er wie einer von uns. Er stibitzte als Kind seinen Eltern Geld, um sich Zigarren zu kaufen. Als junger Student liebte er seine modischen englischen Anzüge und betrachtete sich immer wieder wohl- und selbstgefällig im Spiegel. Doch dann ging ihm das Geld aus. Er lernte, der Notwendigkeit zu gehorchen, kleidete sich ganz einfach und ging zu Fuß – 20 Kilometer pro Tag. Schließlich wurde er zum Mahatma – zur großen Seele Indiens – zu einem, der berufen war, die Weltgeschichte zu verändern.

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unächst war er wie einer von uns. Er stibitzte als Kind seinen Eltern Geld, um sich Zigarren zu kaufen. Als junger Student liebte er seine modischen englischen Anzüge und betrachtete sich immer wieder wohl- und selbstgefällig im Spiegel. Doch dann ging ihm das Geld aus. Er lernte, der Notwendigkeit zu gehorchen, kleidete sich ganz einfach und ging zu Fuß – 20 Kilometer pro Tag. Schließlich wurde er zum Mahatma – zur großen Seele Indiens – zu einem, der berufen war, die Weltgeschichte zu verändern.

Heute ist er Symbol dafür, dass es nichts Unmögliches gibt, dass Veränderung möglich und machbar ist und dass jeder dazu betragen kann und muss. „Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für die Welt.“ Er hat uns gezeigt, was möglich ist, was er vermochte. Und dass auch wir alle mehr vermögen, als wir glauben …
Ich persönlich lernte ihn im Kino kennen. Sie vielleicht auch? Es war der monumentale Spielfilm „Gandhi“ von Richard Attenborough aus dem Jahr 1982 mit Ben Kingsley in der Titelrolle. Als freiheitsliebender und gerechtigkeitsfanatischer Teenager war ich begeistert und bin es noch. Und daher ist es mir ein Anliegen, über ihn anlässlich seines 150. Geburtstag am 2. Oktober zu schreiben.
Ich schreibe von seinem Vermögen, das ihm nicht in die Wiege gelegt wurde, das er nicht geerbt hatte, sondern das er sich mühsam erarbeiten musste. Seine Botschaft war für mich immer eine innere gewesen. Gewiss, es gab den äußeren Kampf für die Unabhängigkeit Indiens, aber der war zu meiner Zeit schon geschlagen.

1. Vermögen: Lebe einfach!

Einfachheit, Reinheit und Verzicht waren ein Wesenskern von Gandhi. Er wollte mit der westlichen Mammon-Kultur nichts zu tun haben und vor allem Indien davor retten. Was würde er sagen, könnte er sein Land heute sehen? Er lebte in einfachsten und bescheidensten Verhältnissen, trug ausschließlich indisches Tuch. Er galt als „der nackte Heilige“. Selbst wenn er Staatsmänner empfing, setzten sich diese in seiner kleinen, bescheidenen Hütte auf die Bodenmatte neben ihn. Er träumte von einer nationalen Wirtschaft, die ohne Schwerindustrie, ohne Großstädte, ohne Luxusgüter auskommt und stattdessen die Menschen selbstständig macht und ihnen die einfache menschliche Würde zurückgibt. Daher saß er immer am Spinnrad – auch wenn er mit Staatsoberhäuptern verhandelte. Das Spinnen diente ihm der Meditation, Konzentration, Selbstbeherrschung und war darüber hinaus auch nützlich. Es sei ein Mittel gegen die Sittenverwilderung und Selbstsucht, wie er es selbst ausdrückte.

Gandhis Spinnrad (© Anandoart | Dreamstime.com)

2. Vermögen: Habe Mut, deine Stimme zu erheben

Seinen Kampf nannte Gandhi „Satyagraha“. Satya bedeutet Wahrheit. Agraha ist das Erfassen oder feste Anhalten. Daraus ergibt sich ein „unbeirrbares Sich-an-die-Wahrheit-Halten“. Die Wahrheit, die eigene Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit müssen Richtschnur des eigenen Handelns sein. Wahrhaftigkeit ist die Wurzel aller Tugenden und Satya ist das Herz aller Dinge. Ein Satyagrahi ist daher ein Mensch, der die wahre Gerechtigkeit sucht und nicht seinen persönlichen Vorteil, ein Mensch, der für die Wahrheit eintritt. Komplizenhaftes Schweigen oder stille Resignation ist damit nicht vereinbar. Eigene Feigheit und Schwäche verdunkeln die Wahrheit.

„Ein Nein aus tiefster Überzeugung ist besser und größer als ein Ja, das nur gefallen will, oder noch schlimmer, Schwierigkeiten umgehen möchte.“

 

Die sieben sozialen Sünden der Moderne
formulierte Mahatma Gandhi 1925 in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Young India

  1. Politik ohne Prinzipien
    2. Wohlstand ohne Arbeit
    3. Genuss ohne Bewusstsein
    4. Wissen ohne Charakter
    5. Geschäft ohne Moral
    6. Wissenschaft ohne Menschlichkeit
    7. Religion ohne Opferbereitschaft

Hierin zeigt er die Ursachen und gleichermaßen die Lösungen für die Welt – welche selbst heute noch Gültigkeit haben.

Der Mann, der dreihundert Millionen Menschen erweckt und das britische Weltreich erschüttert, hat

Ruhige dunkle Augen. Ein schmächtiger Leib, ein hageres Gesicht und weit abstehende Ohren. Er trägt eine weiße Mütze, hüllt sich in grobes, weißes Tuch und geht barfuß. Er nährt sich von Reis und Früchten. Er trinkt nur Wasser. Er schläft auf dem nackten Boden. Er schläft überhaupt wenig und arbeitet ohne Unterlass. Sein Körper scheint nicht zu zählen. Nichts an dem Manne fällt bei einer ersten Begegnung auf als ein Ausdruck unendlicher Geduld und Liebe. … Er denkt von sich äußerst bescheiden in einem Maß, als ob er sagen wollte: „Ich kann mich irren.“ Er verbirgt nie seine Fehler, schließt keine Kompromisse, kennt keine Diplomatie … Er lauscht seiner leisen inneren Stimme, „the still small voice“, der er folgen muss.
Aus der Gandhi-Biografie von Romain Rolland

 

3. Vermögen: Nutze deine Wut

Um gewaltlosen Widerstand gegen eine Übermacht zu zeigen, brauchte er unbedingte Selbstbeherrschung. Gewalt nicht mit Gewalt, Hass nicht mit Hass zu beantworten, gehört vielleicht zu den schwierigsten Dingen. Und trotzdem sagte Gandhi: „Selbstüberwindung ist das Gesetz unseres Daseins.“ Also hatte es gar keinen Sinn, dem Thema auszuweichen. Er gab auch zu: „Herr über die feinen Leidenschaften zu werden ist weit schwerer als die Eroberung der Welt mit Waffengewalt.“ Aber er erklärte auch – und hat es mit seinem Leben selbst bewiesen – wie es geht: Man muss die Energie der Wut nutzen und sie in eine positive und nützliche Richtung leiten. „Wut ist die Energie, die uns zwingt, zu definieren, was gerecht ist und was ungerecht.“ Das führt zum eigenen Nachdenken, den eigenen „wahren“ Standpunkt zu finden und sich dann dafür einzusetzen. Gewalt mit Gewalt zu beantworten, vermehrt nur die Gewalt. Es führt zu keiner Lösung.

4. Vermögen: Suche die Kraft der Einheit

„Ich wende mich an alle unter Euch mit der Bitte: Einigt Euch! Hindu, Mohammedaner, Parsen, Juden und Christen … überwindet Euer Misstrauen untereinander. Das Misstrauen geht aus der Furcht hervor, die Furcht aber aus der Schwäche. Ich weiß, dass wir uns im Grunde alle wie Brüder lieben.“ Eine in sich selbst gespaltene Gemeinschaft hat keine Macht. Ein in sich selbst zerrissener Mensch hat keine Kraft.

Apropos Vermögen

Ein Vermögen ist nicht etwas, das man gerne hätte, sondern was man wirklich sein Eigen nennen kann. Nicht ein Traum oder eine Sehnsucht, sondern man muss es sich mit ganzer Kraft und Anstrengung selbst erarbeitet haben. Das ist wahrlich nicht so leicht: einfach zu leben in einer Kultur des Wohlstands durch Konsum. Im feigen Schweigen der Masse seine Stimme zu erheben, sich nicht wütend oder ohnmächtig zu fühlen angesichts der Herausforderungen unserer Zeit und vor allem die Einheit und Verständigung zu suchen in einer Welt des gegenseitigen Misstrauens.

Er wollte eigentlich nie ein Mahatma – eine große Seele – sein. Vielleicht auch deshalb, da uns ein Mahatma zu weit entfernt ist, um als wirkliches Beispiel und Vorbild zu dienen. Er empfand sich selbst als alpa Atma – eine kleine bescheidene Seele, die aber auf der Suche nach der Wahrheit ist. Aber den Namen Bapu (Vater) hat er geliebt. Er war der Vater von Indien – von Millionen von Menschen, die ihn liebevoll so nannten. Und möge er uns heute ein geliebter Großvater sein. Mir fällt der Refrain eines Songs von STS ein: „Großvater, kannst du ned abakumman auf an schnellen Kaffee?“ Und in leichter Abwandlung des Textes singe ich weiter: „Großvater, i möcht‘ di so viel fragn, was i heit net versteh!“ Er kommt nicht zum Kaffee. Er trank nur Wasser. Aber stellen wir uns vor, er säße vor uns … „Danke dir, Bapuji, für dein Vorbild! Und: Happy Birthday!!!“

 

Mohandas Karamchand Gandhi

  • Geboren am 2. Oktober 1869 in Porbandar (Indien) am Golf von Oman, in der Kaste der Vaishas (Geschäftsleute)
  • Studierte Rechtswissenschaften in London
  • Begann als Rechtsanwalt in Südafrika seinen Kampf gegen Rassendiskriminierung
  • Setzte diesen Kampf in Indien fort
  • Übernahm 1920 die Führung der Unabhängigkeitsbewegung in Indien
  • Unternahm unzählige Kampagnen des gewaltlosen Widerstands gegen die britische Kolonialregierung
  • Erlebte schließlich 1947 Indiens Unabhängigkeit, aber auch die Spaltung in Indien und Pakistan
  • 1948 wurde er für seine Aussöhnungsversuche zwischen Hindus und Moslems von einem fanatischen Hindu erschossen
  • Der Ehrenname „Mahatma“ wurde ihm vom indischen Philosophen Rabindranath Tagore verliehen

 

Literaturhinweis:

GANDHI, Arun: Wut ist ein Geschenk – Das Vermächtnis meines Großvaters Mahatma Gandhi. DuMontVerlag. 2017

GANDHI, M. K.: Eine Autobiographie oder Die Geschichte meiner Experimente mit der Wahrheit. Aquamarin-Verlag. 2013

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