161 Archive • Abenteuer Philosophie Magazin https://www.abenteuer-philosophie.com/tag/161/ Magazin für praktische Philosophie Tue, 14 Dec 2021 15:17:18 +0000 de-DE hourly 1 Stärke https://www.abenteuer-philosophie.com/staerke/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=staerke https://www.abenteuer-philosophie.com/staerke/#respond Sun, 24 Oct 2021 13:53:19 +0000 https://www.abenteuer-philosophie.com/?p=3030 Magazin Abenteuer Philosophie

In einem philosophischen Kongress Anfang des Jahres hat ein Vortragender folgendes Statement abgegeben. : „Hätten wir Europäer nur ein Viertel der Probleme eines durchschnittlichen Menschen aus Bangladesch, würden wir verzweifeln. Uns fehlt die moralische Stärke.“ Jetzt, einige Monate später, wird die Notwendigkeit von Stärke angesichts der Krise immer deutlicher …

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n einem philosophischen Kongress Anfang des Jahres hat ein Vortragender folgendes Statement abgegeben: „Hätten wir Europäer nur ein Viertel der Probleme eines durchschnittlichen Menschen aus Bangladesch, würden wir verzweifeln. Uns fehlt die moralische Stärke.“ Jetzt, einige Monate später, wird die Notwendigkeit von Stärke angesichts der Krise immer deutlicher …

Ist Stärke überhaupt ein Wert, eine erstrebenswerte Eigenschaft? Der Stärke haftet in unseren Ländern ein zweifelhafter Ruf an. Dunkle historische Zyklen haben sie uns suspekt gemacht. Und es stimmt: „Starke Männer“ haben in vielen Ländern mehr Schaden als Nutzen gebracht. Doch wird der Ruf nach ihnen nicht vor allem dann laut, wenn es den meisten Menschen an Stärke fehlt und sie deshalb von anderen gefordert wird?

Im Internet bin ich auf das folgende Bild mit einer zwar vereinfachten, dennoch treffenden Botschaft aufmerksam geworden:

Wohlstand birgt eine gut getarnte, aber umso heimtückischere Gefahr in sich: die Bequemlichkeit. Viele philosophische Schulen haben das erkannt und versucht, gegenzusteuern: die griechischen Kyniker, die indischen Asketen oder die gemäßigteren Stoiker.

Im einen oder anderen Aspekt braucht jeder Stärke. Egal, in welchem Lebensbereich: Ohne Wille, Durchhaltevermögen und Stärke angesichts von Widrigkeiten ist kaum ein größeres Ziel zu erreichen. Wer diesen moralischen Wert stärken will, dem seien folgende Punkte aus den Schriften verschiedener Philosophen empfohlen:

1. Schwierigkeiten akzeptieren

„Man muss es nötig haben, stark zu sein: sonst wird man’s nie.“  Friedrich Nietzsche

Auch wenn wir es in unserem eigenen Leben oft nicht wahrhaben wollen: Es sind die schwierigen Zeiten und Phasen, die uns wirklich weiterbringen. Entweder die Schwierigkeiten, die uns das Leben beschert oder die Herausforderungen, für die wir uns selbst entscheiden, um an ihnen zu wachsen. Ein Sportler kann niemals stärker werden, wenn er nicht trainiert. Er muss an seine Grenzen gehen, sonst kann er sie nicht überschreiten. Das ist ein Naturgesetz, das auch im übertragenen Sinn gilt.
Eine Geschichte aus Indien bringt die Notwendigkeit der Schwierigkeiten prägnant auf den Punkt:
Als Gott Brahma die Welt erschaffen hatte, betrachtete er sein Werk, seine Schöpfung. Da sah er einige verpuppte Raupen, die sich abmühten, aus ihrem engen Kokon zu schlüpfen. Eine der Raupen mühte sich besonders stark und da empfand Brahma Mitleid. Er öffnete den Kokon und half somit dem kleinen Geschöpf, leichter herauszuschlüpfen. Ein wenig später sah er bunte Schmetterlinge, die sich in die Lüfte erhoben. Doch bei genauerem Hinsehen stellte er fest, dass ein Wesen noch am Boden kauerte: dasjenige, das er aus dem Kokon befreit hatte. Daraufhin – sagt die Geschichte – erkannte er, dass die Wesen der Schöpfung die Schwierigkeiten und den Schmerz brauchen, um zu dem zu werden, was ihre Bestimmung ist. So wie der Schmetterling, der erst durch seine Anstrengung genügend Blut in die Flügel zu pumpen vermag, damit sich diese entfalten können.

Die Schwierigkeiten alleine genügen nicht, auch das zu akzeptieren ist wichtig: ein (Grund-)Vertrauen ins Leben bzw. ein spirituelles Weltbild aufzubauen und sich immer wieder daran zu erinnern. Das Gute sowie Schwierige anzunehmen und es als Gelegenheit bzw. sogar als Geschenk zu sehen, um sich zu entwickeln. Also Dankbarkeit zu empfinden für das, was man im Leben hat. Menschen mit spirituellem Weltbild sind nachweislich resilienter, d. h., sie sind in der Lage, konstruktiver mit Schwierigkeiten umzugehen*.

2. Ein klares Ziel vor Augen haben

„Wer ein Warum hat zu leben, erträgt fast jedes Wie.“ Friedrich Nietzsche (angeblich)

Es gibt Berichte darüber, dass Menschen in Extremsituation unglaubliche Kräfte entwickeln:
Eine Frau in den USA, die das Auto ihres Vaters hochhob, als ihn dieses einquetschte. Eine Mutter in Kanada, die mit einem Eisbären kämpfte, als dieser ihren Sohn angriff. Soldaten, die – selbst schwer verwundet – Kameraden retteten etc**. In Extremsituationen ist das Warum so evident, dass es keine Alternative gibt. Und genau darin liegt das Geheimnis starker Menschen: Sie haben – nicht nur in Extremsituationen – ein klares Bild davon, warum bzw. wofür sie sich anstrengen, wofür sie etwas aushalten bzw. wofür sie Schmerzen ertragen.
Arnold Schwarzenegger hat es geschafft, in drei vollkommen unterschiedlichen Bereichen stark und erfolgreich zu sein: im Bodybuilding (im wahrsten Sinne des Wortes „stark“), als Schauspieler und in der Politik. In einem Vortrag über das Geheimnis seines Erfolges sagte er, dass das Wichtigste im Leben ist, herauszufinden, wo man hinmöchte: „Finde deine Vision, nicht die deiner Eltern, deiner Lehrer oder deiner Freunde, sondern deine eigene Vision.“ Wer diese Vision klar vor sich hat und sich immer wieder vergegenwärtigt, hat die Basis dafür geschaffen, sie trotz aller Hindernisse zu verwirklichen. Und diese Vision, so fügte er hinzu, solle kühn sein. Von Michelangelo ist folgendes Zitat überliefert: „Die größere Gefahr besteht nicht darin, dass wir uns zu hohe Ziele setzen und sie nicht erreichen, sondern darin, dass wir uns zu niedrige Ziele setzen und sie erreichen. “
Ein großes Ziel, das man zwar nicht vollkommen erreicht, ist dennoch der beständige Motor, der uns antreibt, es immer wieder von Neuem anzupeilen.

3. Emotionale Bekräftigung

Vielfach ist das Warum für unsere Anstrengungen im täglichen Leben nicht so evident wie bei den großen Persönlichkeiten der Geschichte. Oder wir bewahren unsere Vision nur für kurze Zeit und verlieren sie dann wieder aus den Augen.
Florian Wildgruber, Ironman-Teilnehmer und Motivationstrainer, beschreibt in seinem Buch „Stärke“, warum die meisten Menschen, die sich als Ziel setzen, ein paar Kilo abzunehmen, scheitern: Meistens haben sie keine emotionale Beziehung zu ihren Zielen. Er berichtet von einem Manager, der nach einem Herzinfarkt von seinem Arzt die Empfehlung bekam, zehn Kilogramm abzunehmen und Sport zu betreiben. Die anfänglichen Versuche waren erfolglos, denn aufgrund der zeitlichen Knappheit wollte er nicht zusätzlich noch zwei Abende der Woche „opfern“, an denen er seine Kinder nicht sehen konnte, um Sport zu betreiben. Daraufhin stellte der Motivationstrainer die Frage: „Wie wäre es, wenn du zweimal die Woche trainierst und du siehst deine Töchter an diesen beiden Abenden nicht, dafür aber 20 Jahre länger?“ Das war die nötige „emotionale Ladung“, die er als Motivation brauchte.
Das Warum, das nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz anspricht, muss natürlich jeder selbst finden. Roberto Assagioli, italienischer Psychotherapeut, empfiehlt in seinem Buch „Die Schulung des Willens“ folgende Übung:

„Bringe dich in eine bequeme Position und entspanne die Muskeln. Dann stelle dir so lebendig wie möglich vor, wie du die Sache, die du dir vorgenommen hast, nicht schaffst. Stelle dir den Schaden und das Leiden für dich und andere vor. Schreibe diese Begebenheit nieder und erlaube den Gefühlen, die diese Situation mit sich bringt, intensiv auf dich zu wirken, sodass sich der starke Wunsch regt, diesen Zustand zu ändern.
Nun stelle dir vor, was passiert, wenn du das Vorgenommene erreichst. Schreibe alles nieder, versetze dich in die Freude und positiven Emotionen, die damit in Verbindung stehen, und verspüre den Drang, sofort damit anzufangen.“


4. Disziplin

Auch wenn es wichtig ist, den Gipfel immer im Bewusstsein zu haben, so wird ihn niemand erklimmen, wenn er den Weg nicht geht. Und dieser Weg ist der Weg der Disziplin. Jeder Sportler weiß: No pain, no gain. Ohne Schmerz und tägliche Anstrengung geht es nicht. „Die meisten Menschen finden das Wort Disziplin ungefähr so sexy wie das Wort Finanzamt“, sagt Florian Wildgruber, aber den schlechten Ruf hat die Disziplin zu Unrecht.
Disziplin bedeutet nicht, sich so sehr zu kasteien, dass man jegliche Freude verliert. Sie ist keine Unterdrückung oder Verdrängung von Bedürfnissen, sondern lenkt sie. Und gerade diese Fähigkeit des Willens, nicht jedem Impuls seiner Persönlichkeit unmittelbar nachgehen zu müssen, führt zu einem höheren Genuss, wenn man sich für ihn entscheidet. Das zehnte Stück Schokolade schmeckt nicht so gut wie das eine, das man bewusst genießt. Die Erholung nach dem Sport ist schöner, als wenn man sich vorher nicht angestrengt hat etc. Das Resultat einer adäquaten Disziplin ist also ein Gefühl von Freude, Selbstvertrauen und Zufriedenheit.

Stärke gewinnt man nicht unmittelbar: Ein starker Baum braucht Jahrzehnte, um stark zu werden. Stärke ist das Produkt vom Glauben an das Leben und an sich selbst, der Sinnfindung bzw. der eigenen Mission, der vielen kleinen Entscheidungen und einem oftmaligen „Wieder-von-vorne-Anfangen“, wenn man hingefallen ist. Sie ist nicht Starrheit, sondern Elastizität. Und sie kann trainiert werden. Fangen wir damit an! Unsere Welt braucht starke Menschen!

 

 

Literaturhinweis:
WILDGRUBER, Florian, Stärke: Warum wir alle mehr können, als wir glauben. Verlag BoD, 2017

ASSAGIOLI, Roberto. Die Schulung des Willens. Verlag Junfermann, 2008

GRUHL*, Monika. Resilienz – Die Strategie der Stehauf-Menschen, Herder, 2014

** https://web.de/magazine/wissen/mystery/hysterische-kraft-gefahr-ploetzlich-superhelden-32248928

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Mutig, stolz und stark. Fest entschlossen, sich jedem Kampf zu stellen und stets bereit für den Tod – durch die Waffe des Feindes oder durch die eigene. Das ist ein Samuari. Wir sehen ihn vor unseren Augen als Krieger in einer handgemachten, bunt verzierten Rüstung aus Leder und Holz mit seinen typischen Waffen, einem Bogen und einem Schwert, dem Katana. Dieses äußere Erscheinungsbild ist aber nur Fassade, wenn durch sie nicht die innere Stärke zum Ausdruck kommt.

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utig, stolz und stark. Fest entschlossen, sich jedem Kampf zu stellen und stets bereit für den Tod – durch die Waffe des Feindes oder durch die eigene. Das ist ein Samuari. Wir sehen ihn vor unseren Augen als Krieger in einer handgemachten, bunt verzierten Rüstung aus Leder und Holz  mit seinen typischen Waffen, einem Bogen und einem Schwert, dem Katana. Dieses äußere Erscheinungsbild ist aber nur Fassade, wenn durch sie nicht die innere Stärke zum Ausdruck kommt.

Befindet sich das Äußere eines Samurai in Harmonie mit dem Inneren, verwirklicht sich das Prinzip des „uruwashii“. Es bedeutet Harmonie, aber auch Schönheit und bezeichnet das Idealbild eines Kriegers. In diesem Prinzip stellt das Innere die Essenz, den Ursprung der Dinge dar. Das Äußere passt sich an das Innere an und so stellt sich eine Harmonie ein, die wir, wenn auch nur subtil, als Stärke wahrnehmen können.

Aber nicht nur die Samurai kannten dieses Prinzip. Auch heute erkennen wir in einem Menschen Stärke, wenn er seinen inneren Werten gemäß denkt, fühlt und handelt. Die Gründe, wie sich Stärke und auch viele andere Tugenden bei einem Samurai entwickeln, sind vielfältig. Hier möchte ich drei Gründe anführen, die auch für uns in der heutigen Zeit hilfreich sein können.

Ein Samurai hat ein Ideal

Was wir heute als Ideal der Samurai kennen, hat Dr. Inazo Nitobe, ein japanischer Philosoph und Abkömmling einer Samurai-Familie, im Jahr 1900 im Kodex der Samurai, dem so genannten „Bushido“ zusammengefasst. Es ist eine Sammlung von sieben Tugenden, die das Leben eines Samurai bestimmten.

Diese sieben Tugenden waren:

  • Gi: Aufrichtigkeit – bedingt eine innere Prüfung seiner eigenen Handlungen gegenüber anderen unter dem Aspekt der Gerechtigkeit und Ehrlichkeit
  • Yu: Mut – das Leben intensiv leben und jeden Moment auskosten, aber immer bereit sein, zu sterben
  • Jin: Milde – die Tugend des Herrschenden, die ihn zu einer fürsorglichen und mitfühlenden Person macht
  • Rei: Höflichkeit – eine ständige Disziplinierung seiner selbst zum Wohle des anderen
  • Makoto: Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit – sein Wort niemals brechen und niemals lügen, denn das bedeutet Schwäche
  • Meiyo: Ehre – seine Pflicht als Mensch und Krieger im besten Sinne erfüllen
  • Chū: Loyalität– eine reflektierte Treue gegenüber seinem Herren und seinen Idealen

Dieser Kodex wurde nicht von einem bestimmten Samurai niedergeschrieben, vielmehr entstand er im Laufe der Jahrhunderte langen Kriegstradition. Er wurde mündlich überliefert und blühte in der Hochkultur der Samurai auf. Bis heute prägt der Bushido die Kultur Japans.

Durch dieses Ideal des Bushido erfährt der Samurai Identität, er richtet sein ganzes Leben danach aus. Er glaubt fest an diese Prinzipien und lässt sie durch nichts und niemanden entwürdigen. Für ihn ist der Bushido wie ein Gott, zu dem er eine seelische Beziehung aufbaut.

In der heutigen Zeit findet man wenig Ideale, die einen rein ideellen und zugleich identitätsstiftenden Charakter haben. Vielmehr orientieren wir uns in unseren Lebenszielen eher  am Eigennutz. Wir träumen von einem angenehmen Leben oder einem schönen Haus am Land oder einer schmucken Wohnung in der Stadt. Dies sind aber alles vergängliche Vorstellungen und so vergänglich, wie sie sind, so wenig lassen sie den Menschen erstarken.

Der Samurai hatte ein Ideal, das er würdevoll umzusetzen versucht hat, das ihm Stärke verliehen hat in jeder Lebenssituation, ob in einer Krise oder in guten Zeiten. Haben auch Sie ein solches Ideal?

Ein Samurai hat ein Dojo

Ein Dojo ist ein Trainingsraum für verschiedene japanische Kampfkunststile. Übersetzt bedeutet es „Ort des Weges“. Mit dieser Übersetzung kommen wir der eigentlichen Idee schon näher.

Ein Samurai musste sich in den verschiedensten Kampfkunststilen üben, um im Kriegshandwerk fähig zu sein. Jedoch war das Dojo nicht nur ein Ort der physischen Übung. Es war ein Ort, an dem man im besten Sinne versucht hat, sich für den Weg, für den man sich entschieden hat, vorzubereiten. Es war ein Ort intensiver Arbeit mit Körper und Geist.

Für den Samurai war das Dojo ein heiliger Ort, in dem strenge Verhaltensregeln galten, die jeden Trainierenden zu einer vorbildlichen Moral zwangen. Trat ein Schüler ein, verneigte er sich zuerst und gleichzeitig sagt er zu sich selbst: „Hier nun möchte ich ernsthaft an mir selbst arbeiten, bei jeder Übung mein Bestes geben und mich in Mut, Stärke und Technik verbessern.“

Ein Dojo hat aber auch einen Meister, einen „Sensei“, wie er in Japan genannt wird. Er konfrontiert den Schüler mit immer schwierigeren Übungen, damit er seine Grenzen auslotet, sie überwindet und über sich selbst hinauswächst. Der Sensei ist aber auch jener, der auf Fehler hinweist und der immer mehr fordert. So lernt der Schüler und entwickelt sich Schritt für Schritt.

Das Dojo ist ein Ort, der ständig aufgesucht wird und wo die Überwindung seiner selbst zur dauerhaften Disziplin wird. Selbstverständlich mit der realistischen Haltung einer langsamen und kontinuierlichen Entwicklung. Es ist der Ort des Lernens, wo Fehler gemacht werden dürfen, ja sogar erwünscht sind, um dadurch ein nützliches Instrument zur eigenen Entwicklung zu sein.

Meine Frage gilt nun Ihnen: Haben Sie ein Dojo, einen Ort, an dem Sie sich geistig und physisch an Ihre Grenzen wagen, um Ihren Weg zu verwirklichen und in dem ein Sensei Ihnen dabei Vorbild und Lehrer ist?

Ein Samurai hat eine gute Erziehung

Platon wäre wohl ein großer Fan der Samurai gewesen, zumindest in Hinsicht auf ihre Erziehung. In seinem Buch „Der Staat“ beschreibt er die Erziehung der Kriegerkaste über zwei Wege, den der Gymnastik und den musisch-philosophischen Weg. Der Weg der Gymnastik erfolgt über die Ertüchtigung des Körpers und der musisch-philosophische über die Beschäftigung mit den Künsten und der Philosophie. Beide Wege gemeinsam sind es, die einen harmonischen Charakter bewirken, da die Extreme beider Seiten ausgeglichen werden.

Die Erziehung der Samurai bestand aus einem Training in Judo, Bogenschießen, Schwertkampf, Reiten, Speerwurf, aber auch den künstlerischen Elementen der Kaligrafie, der Dichtkunst, Literatur und der Philosophie. So formte man starke Krieger, die weder grobe Raufbolde noch verweichlichte Poeten waren.

Eine Figur der japanischen Samurai-Geschichte gilt wohl als besonders erwähnenswert in diesem Zusammenhang: Miyamoto Musashi, der wohl bedeutendste Samurai des 16. Jahrhunderts. Er war in über 60 Kämpfen auf Leben und Tod unbesiegt und gleichzeitig ein großer Künstler der Kaligrafie und Malerei. Seine Werke sind heute noch beliebte Sammlerstücke.

Bemerkenswert ist aber, dass Musashi den Weg der Kunst selbst entdeckte. Kein strenger Erzieher oder Vater hat ihn dazu gezwungen, sondern er selbst erkannte die Notwendigkeit der Kunst, um sich zu vervollkommnen. Schlussendlich waren es beide Elemente, das kriegerische und das künstlerische, die ihn so stark und unbesiegbar machten.

Erziehung darf man aber nicht als einen Prozess im Kindes- und Jugendalter verstehen, sondern vielmehr ist es ein ständiges Bemühen, in sich die besten Qualitäten zu aktivieren und sich selbst zu harmonisieren. Musashi darf uns hier als Beispiel dienen, denn sein Training in der Schwertkunst sowie in den künstlerischen Disziplinen verfolgte er bis ins hohe Alter.

Überlegen Sie einmal, wie viel Erziehung Sie sich selbst „gönnen“ und welches der beiden erzieherischen Elemente eher überwiegt, das der Gymnastik oder das musische?

Zu Recht könnten Sie behaupten, dass ich hier nur über das Ideal der Samurai geschrieben habe,  denn der Großteil der japanischen Kriegerkaste entsprach nicht diesem Anforderungsprofil. Doch sollten wir uns an den großen Vorbildern dieses Volkes orientieren.

Gerade jetzt, wo ein Virus die gesamte Welt dominiert und uns in eine Krise stürzt, brauchen wir innere Stärke, um mit diesen Herausforderungen umgehen zu können. Die Samurai können uns ein Vorbild sein, denn sie zeigen uns, welche Möglichkeiten wir als Mensch haben. Wir müssen nur die richtigen Werkzeuge nutzen, um diese in uns herauszuarbeiten. Sei also stark wie ein Samurai.

© www.wikipedia.de

 

Literaturhinweis:

SCOTT WILSON, William: Ideals of the Samurai, Writings of Japanese Warriors. USA, 1982

PRESTON, Thomas: Samurai – Geist: Der Weg eines Kriegers in den japanischen Kampfkünsten. Leimen/Heidelberg, 1991

KURE, Mitsuo und KRUIT, Ghislaine: Die Geschichte der berühmten Kriegerklasse Japans.  Deutschland, Verlag Heel, 2000

NITOBE, Inazo: Bushido, Die innere Kraft der Samurai. Schweiz, 1985

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